Schlitz- und Durchbruchsplanung auf Basis von IFC

Zusammenfassung

Im Jahr 2017 wurde im Zuge eines Treffens der Regionalgruppe Mitteldeutschland von buildingSMART Deutschland die Arbeitsgruppe Schlitz- und Durchbruchsplanung gegründet. Diese entstand aus einer Initiative von mehreren Personen / Firmen, welche sich gemeinsam für die Entwicklung eines einheitlichen Standards für die Durchbruchsplanung auf Basis von IFC einsetzen möchten.
Das erklärte Ziel des Use Cases ist der Aufbau eines einfachen und pragmatischen Workflows für eine BIM-basierte Durchbruchsplanung.
Dieses Use Case beschreibt die Ergebnisse aus der Arbeitsgruppe. Neben der Vorstellung und Erläuterung des Workflows werden auch viele weitere Themen (allg. BIM-Informationen, gemeinsamer Einfügepunkt etc.) aufgegriffen und in den Anhängen des Dokuments ausgeführt.
Sämtliche digitalen Informationen (Modelle, Vorlagen, XML-Dateien, usw.), die im Zuge der Erstellung des Use Cases (bzw. Leitfadens) zusammengetragen wurden, sind unter unter dem Gesamtprozess und den Informationsanforderungen frei verfügbar
Der Leitfaden enthält alle Erkenntnisse die gesammelt wurden und gibt Hinweise und Hilfen für die praktische Anwendung.


Use Case Definition

Problemstellung

Die Schlitz- und Durchbruchsplanung im konventionellen Planungsprozess ohne den Einsatz von BIM-Methoden oder IFC hat in vielen Bereichen Schwächen, die immer wieder zu Fehlern, Problemen oder auch Streit zwischen den Beteiligten führen.

Die bekanntesten Schwierigkeiten sind:

  • vielfältige Kommunikationsmittel
  • kein klares Rollenverständnis, unterschiedliche Erwartungshaltungen
  • planbasiertes Arbeiten
  • teils unterschiedliche Referenzhöhen und Einheitensysteme
  • hoher Zeitdruck bei vielen iterativen Prozessen
  • Zeitpunkte der Durchbruchsplanung sehr unterschiedlich

Daher möchte diese Gruppe durch die neue Betrachtungsweise des Durchbruchsworkflows mit Hilfe von BIM-Methoden zumindest Möglichkeiten aufzeigen, einige der Probleme zu lösen.

Ausblick

In diesem Leitfaden sind die Best-Practice-Erfahrungen für eine einfache Schlitz- und Durchbruchsplanung abgebildet und beschrieben. Dieser Lösungsweg lässt sich für jeden Anwender mit überschaubarem Aufwand umsetzen und kann für beliebige Projekte angewendet und angepasst werden.
Derzeit laufen verschiedene Tests in der Praxis. Die Erkenntnisse aus diesen Tests wurden in Revisionen der Dokumentation beim VDI/buildingSMART 2552 Blatt 11 Unterblatt 2 aufgenommen. Auch aus den weiteren Entwicklungen heraus soll die Dokumentation immer weiter angepasst und optimiert werden.
Sollten Ihnen bei der Anwendung des Workflows und der zugehörigen Software in der Praxis Fehler oder Probleme auffallen, freut sich die Gruppe über Ihr Feedback oder Vorschläge zur weiteren Verbesserung.


Ziele

Die Arbeitsgruppe Durchbruchsplanung hat das klare Ziel, mit den Ergebnissen Ihrer Arbeit, jedem die Möglichkeit zu geben eine einfache Durchbruchsplanung per IFC durchzuführen. Dazu soll besonders auf die erkannten Schwierigkeiten konventioneller Planungen eingegangen werden, um Vorteile herauszuarbeiten und dadurch eine reale Effektivitätssteigerung zu bewirken.
Die Arbeitsgruppe setzt sich aus verschiedensten Beteiligten und Firmen zusammen, wodurch die Möglichkeit besteht, unterschiedliche Anforderungen und Betrachtungsweisen innerhalb des Prozesses Durchbruchsplanung zu berücksichtigen. Weiterhin ist die Arbeitsgruppe sehr praxisorientiert aufgestellt. Das Ziel ist es daher, den theoretischen Ansatz immer gleich praktisch auszutesten und diese Erkenntnisse in die Ergebnisse einfließen zu lassen.

Abgrenzung

Anmerkung zur Verwendung von IFC 2x3:

Die für IFC 4 beschriebenen Anforderungen sind in ähnlicher Weise auch mit IFC 2x3 umsetzbar. Auch hier können Elemente vom Typ IfcBuildingElementProxy als Durchbruchsvorschläge angelegt werden. Im Unterschied zu IFC 4 kann aber nicht der PredefinedType PROVISIONFORVOID gewählt werden. Stattdessen soll hierfür der nutzerdefinierbare Typ (ObjectType) ebenfalls mit PROVISIONFORVOID belegt werden. Der in IFC 4 eingeführte Eigenschaftssatz ist in IFC 2x3 offiziell noch nicht verfügbar, soll im Sinne eines einheitlichen Datenaustauschs aber ebenso in IFC 2x3 verwendet werden.

 

IFC4: IfcBuildingElementProxyTypeEnum.PROVISIONFORVOID
IFC4.3: IfcVirtualElementTypeEnum.PROVISIONFORVOID

 

Software
Für die IFC-basierte Schlitz- und Durchbruchsplanung ist das Vorhandensein eines BIM-fähiges Werkzeug (IFC-Import & -Export) unerlässlich. In der Testumgebung der Arbeitsgruppe wurden beispielhaft die folgenden Programme verwendet. Ein Workflow mit anderen Programmen ist ebenfalls immer möglich.

Disziplin / Rollen Programm Version
Koordinierender z.B.: der Architekt/Objektplaner ArchiCAD 21
Erstellender z.B.: der Gebäudetechniker Revit + Linear + Microstation TRICad 2017/2018
Prüfender z.B.: der Tragwerksplanung oder der Brandschützer mb-ViCADo 2018
BIM-Koordination Navisworks/Solibri Model Checker 2018/9.8
Alle (IFC-Anschauungstool) FZK-Viewer / Solibri Model Viewer 4/9.8

 

Hinweise und Empfehlungen

Für einen reibungslosen Ablauf der Schlitz – und Durchbruchsplanung auf Basis von IFC können je nach Projekt Anpassungen oder Erweiterungen des erläuterten Workflows auftreten. Aufgrund der Komplexität konnte aber nicht jeder Fall abgebildet werden, daher sollen nachfolgend die wichtigsten auftretenden Fälle und Empfehlungen kurz vorgestellt werden.

Umgang mit mehreren TGA-Planern

Fall: In einem Projekt gibt es nicht einen, sondern mehrere TGA-Planer
Standardlösung: In diesem Fall wird empfohlen, dass jeder TGA-Planer (Meist HLSK und ELT) seine Durchbrüche kommuniziert. Gemeinsam genutzte Durchbrüche werden über einen der TGA-Planer koordiniert/kommuniziert. In Folge gibt es mehrere Durchbruchsmodelle.
Alternative-Lösung: Alternativ können alle Durchbruchsvorschläge in einem Modell gesammelt und durch einen Verantwortlichen TGA-Koordinator verwaltet und vorabgestimmt werden.

 

Einbindung weiterer Fachplaner (nicht TGA)

Fall: In einem Projekt gibt es neben der Tragwerksplanung auch weitere prüfende Instanzen (z.B. Brandschutzplaner, Baufirmen…).
Standardlösung: In diesem Fall wird empfohlen, dass jeder Prüfende Anmerkungen an die Durchbruchsvorschläge erstellt und alles über den Architekten kommuniziert wird.

 

Nutzung von Sperrzonen

Empfehlung: Um die Abstimmung der Durchbrüche und die generelle Planung der TGA-Fachplaner zu vereinfachen, wird empfohlen, Sperrzonen durch die Tragwerksplaner zu definieren. Dadurch werden klar festgelegte Zonen als Sperrzone festgelegt. Dies kann am einfachsten durch festlegen von Bauteilen und dem Eintragen einer Eigenschaft in den Modellen der Architektur und Tragwerksplanung erfolgen.

 

Umgang mit nicht von der TGA-kommenden Durchbrüchen (Aufzug)

Fall: In einem Projekt werden verschiedenste weitere Durchbrüche und Öffnungen zum Beispiel durch den Aufzugsbauer notwendig.
Standardlösung: In diesem Fall wird empfohlen, dass die Durchbrüche im Architekturmodell mitgeführt werden ohne die Durchbruchsabstimmung zu fahren (klassischer Weg).

 

Direkte Kommunikation zwischen Tragwerksplaner und TGA-Planer

Fall: In einem Projekt soll die Abstimmung der Durchbrüche erst komplett mit dem Tragwerksplaner erfolgen.
Standardlösung: In diesem Fall wird empfohlen, dass die Durchbrüche erst mit dem TWP-Modell abzustimmen und dann erst die Abstimmung mit dem Architekten vorzunehmen. Die notwendige Beachtung beider Fachdisziplinen bleibt erhalten.

 

Herausforderungen für die Softwareentwicklung

Während der Erarbeitung unseres Workflows haben wir für spezifische Problemstellungen diverse Lösungsvarianten innerhalb unserer Softwareumgebung getestet. Dabei sind wir immer wieder an Grenzen gestoßen, bzw. mussten Dinge händisch erledigen, die im Sinne einer konsistenten BIM-Planung automatisiert funktionieren sollten. Aufgrund dessen haben wir folgende Wunschliste für die Softwarebranche erstellt:
▪ Automatische Umwandlung der Durchbruchsvorschläge (Volumenkörper) vom TGA-Planer in Durchbrüche (Opening-Elemente) innerhalb der Autorensoftware von Architekt und Tragwerksplaner. Dabei sollte auch der Eigenschaftssatz (Pset_BuildingElementProxyProvisionForVoid) des Durchbruchsvorschlags automatisch ausgelesen werden und alle Eigenschaften (Form, Abmessung, System, ggf. Nummer) als eigener Eigenschaftensatz an das IfcOpeningElement angehängt werden. Ggf. könnte man die Durchbruchsvorschläge automatisch mit den Öffnungselementen verknüpfen. Hierzu wären zusätzliche Vereinbarungen bzgl. Verknüpfungsrelationen notwendig.
▪ Gruppierung der TGA-Elemente nach IFCSystems, um die Navigation zu vereinfachen und die „Intelligenz“ des Modells zu verbessern
▪ Zuordnung der Durchbrüche nach IFCSystems und Bauteilen (d.h. Durchbruch wird als IfcOpeningElement einer Wand oder einer Decke zugeordnet)
▪ Anpassung der IFC-Baumstruktur in Viewern und Checkern (z.B. Navisworks) als IFC Spatial Structure
Detailliertere Angaben und Optimierungspotential für spezifische Software finden Sie in Anlage 5 unter Menü "Informationsanforderungen".

 

 

Projektgruppe

  • Julien Beyer, BIM Manager bei der S&P - Gruppe
  • Dr. Sebastian Fuchs, Bauinformatiker bei TragWerk-Ingenieure
  • Andreas Tigges, Geschäftsführer und BIM-Manager bei teamproject
  • Daniel Wagner, TGA Planer bei HKL Ingenieure
  • Martin Werner, Architekt bei hks | architekten GmbH
  • Dr. Matthias Weise, BIM Entwickler bei AEC3 Deutschland GmbH
  • Falk Schumann, TGA-Planer bei INNIUS GTD GmbH
  • Tom Radisch, Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der HTWK Leipzig

Urheberrecht

Handhabung

Die Use Cases erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sie sind auch nicht im Sinne einer aus rechtlicher Sicht allgemeingültigen Empfehlung oder Leitlinie zu verstehen, sondern soll Auftraggeber und Auftragnehmer bei der Anwendung der BIM Methode unterstützen. Die Use Cases müssen den jeweiligen spezifischen Projektanforderungen angepasst werden. Die hier aufgeführten Beispiele erheben keinen Anspruch an Vollständigkeit. Informationen beruhen auf Erkenntnissen aus der Praxis und sind dementsprechend als Best Practice und nicht allgemeingültig zu verstehen. Da wir uns in einer Phase befinden, in der Definitionen erst entstehen, kann buildingSMART keine Gewährleistung für die Richtigkeit einzelner Inhalte übernehmen.

Logo
  • Document Type : Use Case
  • GUID : 5CA183ED-43BD-46F8-A813-098DEBB3997E
  • Identifier : 2
  • Life Cycle Stage : HOAI
  • Revision : -
  • Project Status : Approved
  • Maturity level : Proven
  • Use Case: Approved
  • Processes: Approved
  • ER: Approved
  • Published on: Jul 9, 2021
  • Last change: May 8, 2023
  • Publisher: buildingSMART Germany
  • Author: Beyer, Julien | Dr. Sebastian Fuchs, Andreas Tigges, Daniel Wagner, Martin Werner, Dr. Matthias Weise, Falk Schumann, Tom Radisch

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